Page 10 - Bad Liebenstein Journal Ausgabe 4/2018
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Der Beginn einer Freundschaft
Brahms lernte Herzog Georg II. und seine dritte Gemahlin Freifrau Helene von Heldburg, also die Eigentümer
des Schloss und Park Altenstein, im Oktober 1881 in Meiningen kennen.
Er wurde von dem Intendanten der Meininger Hofkapelle, Hans von Bülow, eingeladen, mit dem Orchester seine neuen sinfonischen Werke auszuprobie- ren. Und aufführen zu können.
Die künstlerische Atmosphäre am herzoglichen Hof zog Brahms sofort in seinen Bann und ließ ihn sich so behaglich fühlen, dass er schon einen Monat nach seinem Aufenthalt in Meiningen zurückkehrte, eine Woche blieb und in einem Abonnementkon- zert mitwirkte. Spätestens in dieser im engen Kontakt mit dem Herzog und seiner Gemahlin verbrachten längeren Zeit, nahm die Beziehung zwischen ihnen einen freundschaftlichen Charak- ter an, der sich gleichwohl auch in den Korrespondenzen widerspiegelte.
„Hätten Sie nicht Lust, sich hier im Thüringer Wald einmal umzusehen? Wenn Sie die Hirsche schreien hören könnten, das wäre etwas für Sie! Freilich hören sie schon Mitte dieses Monats auf zu brüllen wie die Löwen, und wenn wir Sie auch für unser Leben gern so lange hier hätten, so werden Sie so lange nicht kommen mögen, obgleich ich es nicht einsehe, warum Sie nicht ebenso gut hier im Hause sein, hier ungestört, ja noch viel un- gestörter sollten componieren, lesen, schreiben können als in Wien, uns wandern könnten Sie hier doch auch ganz anders!“ Das schrieb die Ehefrau Herzog-Georgs II. am 7. Oktober 1891 an Johannes Brahms, um ihn nach Schloss Altenstein – dem Sommersitz der Herzöge von Sachsen-Meiningen bei Bad Liebenstein – zu locken. Doch blieb dieser, wie noch so mancher Versuch vorher und nachher, erfolglos.
Der erste Besuch auf Schloss Altenstein
Erst im November 1894 entschloss sich Brahms dann ganz spontan zu einem Besuch auf Schloss Altenstein.
Am 11. November 1894 wandte er
sich in launiger Weise an die „verehrte Schlossherrin“: „Mühlfeld
(Klarinettist der Meininger Hofkapelle), bläst so lieblich auf seiner
Clarinette und erzählt dazu so lockend von Schloss Altenstein, dass ich notwendig ein wenig fantasieren muss. Ich denke am Mittwoch nach Wien, Mühlfeld nach Meiningen zu fahren. Wenn Sie mir mit einem Wort die Erlaubnis geben, so möchte ich gern den Umweg machen und Ihr schönes Schloss besehen.“
Der Klarinettist der Meininger Hofkapel- le, Richard Mühlfeld, hatte durch sein ausgezeichnetes Spiel Brahms so begeistert, dass dieser mehrere Kammermusikwerke mit Klarinette schrieb: Ein Klarinettentrio (op. 114), ein Klarinettenquintett (op. 115) und zwei Sonaten für Klarinette und Klavier
(op. 120). Nun wollte Brahms die bei- den Klarinetten-Sonaten zusammen mit Mühlfeld, dem Herzog und der Freifrau auf Schloss Altenstein vorführen.
Das Herzogspaar war nur zu glücklich über die Anfrage und luden ihn ein,
zu kommen. Am 14. November trafen Brahms und Mühlfeld am späten Nach- mittag auf dem Altenstein ein.
Sie waren bis Eisenach mit der Eisenbahn gefahren und von dort „
mit einem halbverdeckten zweisitzigen Wagen“ abgeholt worden.
Kurz nach ihrer Ankunft fand bereits
ein Diner statt. Anschließend trugen Brahms und Mühlfeld die beiden oben erwähnten Klarinetten-Sonaten vor.
Am nächsten Morgen dann konnte Brahms – wahrscheinlich in Beglei- tung des Herzogs – Schloss und Park bewundern. Er erlebte eine in warmes spätherbstliches Sonnenlicht getauchte
Landschaft, blickte von der mittleren Terrasse hinab ins Werratal und hinüber in die thüringische und hessische Rhön. Auch des Herzogs Jagdhaus auf dem Pleß, das Brahms noch kennenlernen sollte, war von der Terrasse und vom park aus zu sehen. Beim Spaziergang durch den Park, zur Teufelsbrücke und zum angrenzenden Wald begleiteten ihn „die schönsten Fasane, Hirsche
und Rehe dutzendweis“, wie er Clara Schumann in einem begeisterten Brief vom Altenstein berichtete. Darüber hinaus fand Brahms noch Zeit, Kor- respondenzen zu erledigen, zu denen ihm vom Herzog Briefpapier mit dem Briefkopf „SCHLOSS ALTENSTEIN“ zur Verfügung gestellt wurde. Bisher ließen sich vier Briefe nachweisen. In diesen schwärmte Brahms von den wunder- schönen Spaziergängen, die er bei dem wundervollen Wetter durch Park und Wald unternahm. Am 19. November 1894 verließ er schweren Herzens das paradiesische Fleckchen Erde mit dem festen Vorsatz wieder hierher zurückzukehren.
Wiederkehr und Abschied
Im folgenden Jahr bot sich ihm noch einmal Gelegenheit dazu. Als er zum ersten Sachsen-Meiningenschen Landesmusikfest, das vom
27. bis 29. September 1895 stattfand, am 25. September in Meiningen eintraf,
10   BAD LIEBENSTEIN ENTDECKEN
BRAHMS
JOHANNES AUF SCHLOSS ALTENSTEIN
Bad Liebenstein
Bad Liebenstein


































































































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